Schlechte Frage – gute Anwort.
Begonnen hat alles mit einer skurrilen Wettbewerbseinladung:
Gesucht war ein Parkhaus mit 320 Parkplätzen, Geschäften und Büros, im Zentrum von Skopje. Stil: neogotisch oder barock. Wer das Baugeschehen in Skopje in den letzten Jahren verfolgt hat, den wundert das nicht. Nach dem Erdbeben von 1983 wurde Skopje unter UNO-Aufsicht nach einem Masterplan von Kenzo Tangewieder aufgebaut. Und seit dem Zerfall Jugoslawiens ist der neugegründete Staat Mazedonien auf der Suche nach neuer Identität. Pro-europäisch und bürgerlich ist das Ziel der gegenwärtigen Regierung, das auch in der Architektur verfolgt wird. In diesem Sinne entstehen im Zentrum von Skopje historistische öffentliche Gebäude, Denkmäler und sogar ein Triumphbogen.
PPAG interpretieren den Wunsch der Stadt nach einem barocken Erscheinungsbild in der einzig möglichen, zeitgemäßen Weise. Perspektivisch verzerrte Bilder von bestehenden historischen Straßenfassaden, werden zu einer Collage verarbeitet, dreidimensionalisiert, in vier Ebenen zerlegt und zu einem endlosen Muster zusammengefügt. Das Ergebnis erinnert fern an Gesehenes bei gleichzeitiger Neuheit, inhaltlich wie technisch.
Die Elemente wurden verschnittfrei aus außen weiß beschichteten Fassadenplatten gelasert und je Layer in leicht unterschiedlicher Tiefe montiert. Tageslicht durchdringt dieses zerrissene Chassis und hinterlässt scherenschnittartige Schatten auf den Autos. Am Abend tritt das Licht aus dem Parkhaus aus, die Fassade wird zum Lampenschirm. Bei Nacht blitzt das Licht aus dem Innern heraus, das Parkhaus wirkt als überdimensionale Lampe im Stadtraum. Bei den BetrachterInnen hinterlässt das Gebäude einen sphärischen und zugleich starken Eindruck.
Ob das Parkhaus auch zur äolische Harfe taugt, bleibt abzuwarten. Jedenfalls definitiv eine Fassade des 21. Jahrhunderts, die dennoch das Sentiment – oder mehr noch, die Identitätssuche – des Auslobers zu treffen scheint. Architektur als produktives Missverständnis.
(Die Fassade gibt methodisch Antwort darauf, wie Interventionen in europäischen Innenstädten von Paris bis Mailand aussehen könnten. Sie wird einer Sehnsucht des Publikums gerecht, ohne die Geschichte zu wiederholen, was, wie wir wissen, ohnehin unmöglich ist.)